Die Verdauung der Kuh
Mägen und Darm einer Kuh bilden gemeinsam eine große „Fabrik", in der Futter zu Stoffen, die vom Blut aufgenommen werden können, zersetzt wird (Verdauung). Der Eingang der Fabrik ist das Kuhmaul, wo das Futter durch Kauen zerkleinert und mit Speichel befeuchtet wird. Über den Kot verlassen Abfallstoffe und unverdaute Futterbestandteile die Kuh.
Zwischen Maul und Hinterteil befinden sich der Magen, der Pansen und der Darm. Die Vormägen, der Pansen, der Dünndarm und der Dickdarm haben jeweils eine eigene Aufgabe bei der Verdauung. Um die Qualität der Silage beurteilen zu können, ist vor allem Wissen über die Funktion des Pansens wichtig. Im Pansen findet die Vorverdauung statt. Der größte Teil des Futters wird von den Bakterien in Stoffe umgewandelt, die die Kuh gut aufnehmen kann, die sogenannten im Pansen abbaubaren Futterbestandteile. Die Stoffe, die unverändert den Pansen passieren, werden als pansengeschützt bezeichnet.
Der Pansen
Im Pansen befinden sich grob gesagt drei Schichten. In der untersten Schicht befindet sich der Pansensaft. Auf dieser Flüssigkeit schwimmt eine dicke Schicht strukturreiches Grundfutter. Im Bereich über dieser Schicht befinden sich Pansengase. Je nachdem, welche Struktur die Grassilage hat, gelangt ein geschluckter Futterbrocken entweder in die mittlere feste Schicht des Pansens oder in die untere flüssige Schicht. In der mittleren Schicht sind Bakterien aktiv, die die Pflanzenzellen in kleine Partikel zersetzen. Diese Partikel lösen sich auf oder sinken in die darunter befindliche Flüssigkeit ab. In der untersten Schicht werden die im Pansen abbaubaren Bestandteile (Kohlenhydrate und Proteine) abgebaut.
Die Rolle der Bakterien
Pansenbakterien nutzen die Proteine und die Energie der Grassilage, um zu wachsen und sich zu vermehren. Ein Teil der pflanzlichen Proteine wird so in Bakterienzellen umgewandelt. Dies ist das sogenannte mikrobielle Protein.
Zwei Drittel der Proteinaufnahme der Kuh stammen aus diesem mikrobiellen Protein. Bei diesem Prozess ist es sehr wichtig, dass Proteine und Energie im richtigen Verhältnis verfügbar sind. Dies wird in der Futtermittelanalytik als „ruminale Proteinbilanz“ der Ration bezeichnet.
Die Pansenbakterien bauen die energiereichen Stoffe ab. Dabei entstehen Propionsäure, Buttersäure und Essigsäure. Die sogenannten flüchtigen Fettsäuren dienen als Energiequelle für die Kuh und als Baustoffe für die Milch. Erstaunlicherweise lebt die Kuh daher eigentlich nicht vom Gras, sondern von Bakterien und deren Nebenprodukten.
NDF und Futteraufnahme
Die Verdaulichkeit der Pflanze bestimmt zu einem großen Teil die Futteraufnahme der Kuh. Grundfutter gelangt in den Pansen und die Pansenbakterien haben nur eine gewisse Zeit, um zum Zellinhalt des Futters vorzudringen. In der Zelle befinden sich unter anderem Zucker, Proteine, Fette und Mineralstoffe.
Aus dem Zellinhalt, und teilweise aus der Zellwand, wird die Milch gebildet. Daher ist es wichtig, dass die Pansenbakterien möglichst schnell zum Zellinhalt gelangen können. Einmal im Zellinhalt, nehmen sie die Inhaltsstoffe auf und wandeln diese um. Je besser die Verdaulichkeit der Zellwand ist, desto mehr Grundfutter kann aufgenommen werden.
Die NDF-Verdaulichkeit ist dabei ein guter Gradmesser – einerseits für die schnelle Bereitstellung des Zellinhalts, andererseits aber auch für den Anteil der Zellwände, der zum Wiederkäuen genutzt wird. Dies ist wichtig für die Pufferung des Pansens und für die Stabilisierung des pH-Werts im Pansen.
Die Rolle der Enzyme
Enzyme sind essenziell für die Verdauung von Futter, vor allem für die Verdauung der Zellwände. Pansenbakterien produzieren selbst Enzyme, um die Zellwand aufzubrechen, aber es ist möglich, Enzyme hinzuzufügen. Auf diese Weise sparen die Pansenbakterien Zeit, um Enzyme zu produzieren. Das Futter ist nämlich nur eine gewisse Zeit über im Pansen verfügbar. Diese Zeit können die Pansenbakterien dann optimal nutzen, um zum Zellinhalt vorzudringen.
Pansenazidose
Faktoren, die das „Arbeitsklima“ für die Bakterien beeinflussen, sind der Säuregehalt (pH-Wert) und die Strukturmenge. Wenn etwa durch eine große Zuckerzufuhr viele Fettsäuren gebildet werden, versauert der Pansen. Zuckerreiches und strukturarmes Grundfutter hat den Nachteil, dass die Kuh weniger wiederkäut. Durch die geringe Wiederkauaktivität gelangt weniger Speichel in den Pansen. Speichel sorgt für eine Neutralisierung des sauren Pansensafts. Durch die große Säureproduktion und die geringe Pufferung durch Speichel sinkt der pH-Wert schnell und die Bakterien stellen ihre Arbeit ein. Der Verdauungsprozess steht still. Dies wird als Pansenazidose bezeichnet.
Struktur
Strukturreiches Futter stimuliert die Pansenwand. Dadurch zieht sie sich regelmäßig zusammen und die Prozesse im Pansen werden angeregt. Zudem ist strukturreiches Futter – außer für das Wiederkäuen – nötig, um die feste, faserartige Schicht im Pansen durchlässig zu halten. Die Gase, die im untersten Teil des Pansens gebildet werden, können dann entweichen. Durch strukturarme Futtermittel verändert sich diese feste Schicht in eine papierartige Masse. Die Pansengase sammeln sich darunter an, wodurch sogar die Speiseröhre verschlossen werden kann.
Grassilage bleibt einige Zeit im Pansen und wandert dann über den Blätter- und den Labmagen in den Dünndarm. Im Dünndarm wird die Verdauung unter dem Einfluss von Stoffen (wie Enzymen), die von Pankreas, Galle und Darmwand ausgeschieden werden, fortgesetzt. Insbesondere der pansengeschützte Teil der Futtermittel – der Teil, der nicht im Pansen abgebaut wurde – wird im Darm verdaut. Sobald die Bestandteile ausreichend verdaut sind, werden sie ins Blut aufgenommen.
- Teilen:
- op Facebook
- op Twitter
- op Google+